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Fußball, Oberliga- Hamburg, Saison 2014- 2015

Kontakt zum Fanclub: christian-nahrwold@t-online.de

 

Mit freundlicher Unterstützung vom Pinneberger Tageblatt

Ein Artikel aus dem Sonderheft „Vor dem Anpfiff“

Amateurfußball als Lebensgefühl

 

Seit 1993 gibt es den VfL-Fanclub – seine Mitglieder erzählen, was sie antreibt, ihren Heimatklub zu unterstützen

 

Sie könnten es sich so einfach, so gemütlich machen. Ein kühles Bier auf dem Tisch. Die Fernbedienung in der Hand. Dazu ein paar schmackhafte Kartoffelchips. Gestochen scharfe Fußballbilder auf dem Flatscreen im heimischen Wohnzimmer. Warm und trocken, Profifußball bequem im Bezahlfernsehen. Doch sie wollen mehr, wollen mittendrin sein statt  nur davor – vor der Glotze.
Sie, das sind die Amateurfußballfans Peter Reimers, Jürgen Sowa, Volker Hasselberg, Alexander Oslislo, Christian Nahrwold, Jörg und Marcel Böhnke, die seit den frühen 90er Jahren das Team des VfL Pinneberg begleiten – bei Sonne, bei Hitze, bei Regen, bei Graupel, bei Schnee. In guten wie in schlechten Zeiten. Lautstark und leidenschaftlich. Grandmatsch an den Schuhen? Kein Problem. Regen im Gesicht? Macht nichts. Mit Gras überwachsene, unebene und unüberdachte Tribünen? Ist zu verkraften. „Wir haben schon alles mitgemacht“, blickt Peter Reimers zurück. Zusammen mit Jürgen Sowa gründete Reimers im Jahr 1993 den VfL-Fanclub, der bis heute besteht, wenn auch mit weniger Mitgliedern als noch vor einigen Jahren, als der VfL erfolgreich in der Oberliga Hamburg/Schleswig-Holstein kickte, die es seit 2004 nicht mehr gibt. „Damals waren wir an die 20 Leute, heute sind wir acht bis zehn“, berichtet Reimers. Als Reimers, einst selbst Fußballer und Jugendtrainer, und Sowa (spielte beim VfL bis in die A-Jugend) merkten, dass noch andere Fans das Pinneberger Team lautstark anfeuerten, begannen sie die vielen kleinen Splittergruppen zu einer Fangruppe zusammenzuschließen und zu organisieren.

Mehr noch: „Wir hatten damals beim bekannten Pinneberger Sportausstatter Kunstmann einige alte VfL-Fanschals aufgekauft und sie unter den Fans verteilt. Immer mehr Leute fragten uns in der Folgezeit, wo man Fanartikel bekommen könne. Und so begannen wir, welche zu organisieren und produzieren. Alles mit Einverständnis des Vereins“, erinnert sich Reimers. Das Geld, das zusammenkam, nutzte die Fangruppe, um Auswärtsfahrten zu bezahlen und Busse zu chartern. Doch nicht nur das: „Wir haben auf den Auswärtsfahrten Bier sowie Fanartikel verkauft und von den Einnahmen die übrig blieben die Jugendarbeit des VfL unterstützt, indem wir Bälle und Laibchen kauften“, ergänzt Sowa. Am Ende war es ein Nullgeschäft, aber ums Geld ging es den Pinneberger Fußballfans ohnehin nie. „Es geht uns rein um den Fußball, um unseren Klub“, stellt Reimers klar, und fügt nach nur einer kleinen Pause an: „Aber es geht auch um die Gruppe, um das soziale Gefüge.“ Im Laufe der Zeit sind echte Freundschaften unter den Fans entstanden. Wo waren sie nicht schon überall gemeinsam gewesen? Kiel, Neumünster, Meldorf, Pansdorf, Frankfurt, Olmütz (Tschechien). Klar, gemeinsame Fahrten schweißen zusammen.

Wie sehr, dass zeigt vor allem die Geschichte der beiden Fanclub-Mitglieder und Freunde Volker Hasselberg und Alexander Oslislo. „Ohne Alex wäre das alles für mich nicht möglich, dabei ist Fußball mein Leben“, erzählt Hasselberg, der seit seiner Kindheit im Rollstuhl sitzt. Dank seiner großen Liebe zum Fußball und seinem Freund Oslislo, mit dem er zusammen in einer Wohngemeinschaft lebt, verpasst Hasselberg trotz seiner Einschränkung kaum ein VfL-Spiel. „Irgendwie sind wir alle ein wenig behindert“, sagt er mit einem Lachen, „der Fußball aber verbindet uns alle, da ist es egal, ob wir laufen können oder nicht.“ Zu Auswärtsspielen, etwa in Curslack-Neuengamme, darf Hasselberg zusammen mit der Mannschaft im gemieteten Bus anreisen. Treffpunkt: Das Autohaus von Fußballvorstand Konrad Kosmalla. 1974, da war er gerade vier Jahre jung, nahm ihn sein Vater das erste Mal mit zu einem VfL-Heimspiel. Tribünen gab es damals noch nicht. Auch bei Auswärtsspielen ist der Pinneberger dabei. Nach einem Besuch in Kiel, wo der VfL eine Partie bei Holstein bestritt, musste Hasselberg vor etlichen Jahren unter Polizeischutz das Stadion verlassen. Wie weit seine Liebe zum Amateurfußball und zum VfL geht, zeigt auch eine Geschichte aus der Mitte der 90er Jahre. Hasselberg war vor einem Auswärtsspiel in Husum unglücklich gestürzt, hatte sich den Kopf aufgeschlagen. „Mit seiner Platzwunde auf dem Kopf stand er dann beim Treffpunkt und wollte mit nach Husum fahren“, erinnert sich VfL-Fan Christian Nahrwold. Wir haben Volker dann geraten zum Arzt zu gehen, konnten ihn erst nach Minuten überreden, er wollte unbedingt mit ins Stadion.“ Nahrwold brachte Kumpel Hasselberg dann ins Krankenhaus, fuhr anschließend alleine mit dem Zug nach Heide und von dort aus mit dem Taxi zur 2. Halbzeit nach Husum, wo der Rest der Gruppe auf ihn wartete. Erfahrungen, die verbinden. „Wir sind mehr als nur Fans, die sich mal am Wochenende treffen“, weiß Nahrwold, der auf der Tribüne die Trommel der Anhänger bedient. Ohnehin hat jeder seine Aufgabe. Für die großen Banner und Fahnen sind die Böhnkes aus Uetersen zuständig. Vater Jörg hat seinen Sohn, den 20-jährigen Marcel, mit dem VfL-Fieber infiziert, seit nunmehr acht Jahren ist auch er dabei, um die Kicker des VfL anzufeuern. Und die danken es ihren Fans. Stürmer Thorben Reibe: „Das ist schon einmalig im Kreis. Sie sind immer da und treu, selbst wenn wir mal nicht so gut gespielt haben.“
Ohne Amateurfußball geht es für Hasselberg und Co. nicht mehr. Als der VfL 2004 in die Verbandsliga abgestiegen war, flossen bei Nahrwold sogar ein paar Tränen.

Fahnen, zeitaufwendige Auswärtsfahrten, Regen und Kälte, pöbelnde gegnerische Fans. Warum tun sich Nahrwold, Reimers und vor allem Hasselberg das Woche für Woche an? Sie könnten es so bequem haben, so gemütlich. Daheim vorm heimischen Fernseher. Warum also wird man Amateur-Fußballfan?
„Es ist ein Lebensgefühl“, sagt Reimers. Und Sowa ergänzt seinen Freund: „Beim HSV im Stadion ist man einer von 50.000. Man ist anonym. Keiner kennt keinen. Die Spieler sind so weit weg. Hier, beim Amateurfußball, ist alles familiärer. Es gibt keine Distanz zwischen Fans, Vorstand und Spielern. Wenn ein Kicker mal nicht so gut gespielt hat, erfährt man hinterher bei einem gemeinsamen Bierchen von ihm warum das so gewesen ist. Im persönlichen Gespräch“, berichtet Reimers. Und Hasselberg erklärt: „Hier beim VfL darf ich mit meinem Rollstuhl schon einmal neben Trainer Michael Fischer an der Bank stehen. Das wäre doch beim Profifußball undenkbar.“ Ebenso wie es im Profifußball undenkbar wäre, dass die gesamte Mannschaft ein Geburtstagsständchen für einen Fan anstimmt, wie die VfL-Spieler für Jürgen Sowa, oder man in der Pinneberger Fahlt einen VfL-Akteur beim Joggen trifft und den Lauf mit ihm gemeinsam beendet, wie es Christian Nahrwold regelmäßig passiert. Das familiäre Ambiente, die unmittelbare Nähe zum Sport, die Identifikation mit einer Region und ihrem Verein und die vielen Gespräche und Freundschaften innerhalb des Fanclubs sind es, die einen zum glühenden Amateurfußballfan werden lassen.
Also all das, was man zuhause vor dem heimischen Fernseher trotz Bezahl-Abo nicht bekommt. Gemütlichkeit hin oder her.                     Dennis Krämer